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Das werden glückliche Huskys

Dreiundzwanzig bestens ausgebildete Schlittenhunde, ein Paar, das den Schnee liebt – und seit kurzem sieben Welpen: Martin Eigentler und Alice Neuböck leben in Schweden und haben eine ganz andere Auffassung von Hundehaltung als sonst üblich in der Musher-Szene. Hundsein bedeutet hier vor allem frei sein: Keine Zwinger, keine Ketten, kein Leistungsdruck. Deshalb geht Musher Martin Eigentler sein Trainingsprogramm für den Nachwuchs auch mit großer Gelassenheit an. Rund drei Jahre Zeit wird er wohl brauchen, bis die Kleinen so perfekt wie die Großen Schlitten ziehen, erzählt der Musher.

Die sieben Welpen sind am 4. April in der Nacht zur Welt gekommen, das erste kam so gegen 21 Uhr. Das letzte kam kurz nach dem Frühstück – ich hatte mit Nr. 7 gar nicht mehr gerechnet! Rund zehn Stunden hat Eowyn, die Mutterhündin, für die Geburt ihrer Kleinen gebraucht. Sie hat es super gemacht, mit allergrößter Ruhe, ohne einen Mucks. Eowyn ist ein Husky-Inuit-Mix, ich habe sie mit Bedacht als Mutter für meinen Schlittenhund-Nachwuchs ausgewählt. Mit ihren drei Jahren ist sie bereits eine sehr gute Läuferin im Schlittengeschirr, sie arbeitet ruhig und friedlich, konzentriert. Der Vater, mein siebenjähriger Rüde Atreju, hat einen sehr ähnlichen Charakter, ein Ur-Husky mit einer unglaublichen Ausstrahlung.

Vier bis fünf Mahlzeiten pro Tag gibt es momentan für Mutterhündin Eowyn, damit sie ihren hohen Energiebedarf während der Stillzeit decken kann. Wenn die Kleinen etwa drei Wochen alt sind, kann das Zufüttern beginnen. Vielleicht beginnt Eowyn sogar selbst damit: Huskys würgen für ihre Kleinen oft Futter hoch, so wie es die Wölfe tun.

Alle sieben Welpen haben das dunkle Fell ihrer Eltern geerbt und was in ihnen steckt, das wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. Ich lasse Eowyns Babys viel Zeit, um sich an alles um sie herum zu gewöhnen. Sie haben hier auf dem Dachboden unserer ausgebauten Scheune ein schönes trockenes Lager inmitten von fünf Strohballen, das hat Eowyn besser gefallen als die Wurfkiste, die ich ihr gebaut hatte. Ich vertraue ihr zutiefst, sie weiß ganz sicher am besten, was gut ist für sie und die Kleinen. Gewogen sind die Welpen noch nicht. Ich sehe und ich spüre, ob es ihnen gut geht und ob sie gut gedeihen. Noch nehme ich sie nicht von Eowyn weg, aber ich streichele sie ab und zu, und ich spreche zu ihnen. So gewöhnen sie sich ganz allmählich an den menschlichen Kontakt. Alle anderen Rudelmitglieder waren schon mal oben, um die Kleinen in Augenschein zu nehmen, natürlich auch Atreju, der Vater. Das funktioniert sehr gut, Eowyn signalisiert mir mit ihrem Verhalten, wann es wieder genug ist mit dem Verwandtenbesuch.

Von Sveg aus, wo Martin Eigentler und Alice Neuböck ihre Husky Ranch haben, fährt man eine gute Stunde Richtung Norden in das Winterparadies Lofsdalen. Die Schlitten-Touren mit den Huskys und Canadian Inuit Dogs sind unvergessliche Erlebnisse. Wer einmal mitfahren möchte, kann unter www.northern-moments.com nach freien Tagen schauen.

Zuletzt hatte ich vor acht Jahren Welpen in meiner Hundegruppe und nun wird es wieder einmal Zeit, denn die Hälfte des vorhandenen Rudels ist über zehn Jahre alt. Der jetzige Zeitpunkt ist ideal, so kann ich noch ausnutzen, dass die Alten die Jungen erziehen. Wenn sie drei oder vier Wochen alt sind, dann baue ich unten auf dem Gelände ein Welpengehege für sie. Ab und zu nehme ich dann mal eines heraus zu den anderen erwachsenen Hunden. So wächst die Gruppe ganz behutsam zusammen. Wenn sie sieben oder acht Wochen alt sind, dürfen sich die Kleinen selbstständig in dem Rudel bewegen.
Dann beginnt auch schon mein Training mit ihnen. Als erstes müssen sie ihren Namen lernen, das ist sehr wichtig. Ich muss die Hunde später „bei der Arbeit“ verlässlich ansprechen können, damit jeder versteht, was genau seine Aufgabe ist vor dem Schlitten. Bis jetzt haben wir erst von dreien das Geschlecht entdeckt, wir nehmen sie ja noch nicht hoch. Die drei haben auch schon einen Namen bekommen, die hat meine Tochter Hannah ausgesucht, Anouk und Inouk für zwei Rüden und Yuma für eine kleine Hündin. Sobald jedes seinen Namen hat, werde ich ihn beim Streicheln immer mal sagen, damit die Hündchen ausschließlich eine positive Verknüpfung mit dem Klang ihres Namen haben.

Zweidrittel der Staatsfläche Schwedens sind mit Wäldern bedeckt. Bei Spaziergängen kommt man immer wieder mal an einem tiefblauen See vorbei und mit etwas Glück entdeckt man sogar Bärenspuren. Mehr aber auch nicht, die braunen Riesen sind sehr scheu. Wer schon im Morgengrauen unterwegs ist, kann aber immerhin mal einen Auerhahn oder ein Birkhuhn beobachten.

Mit ein paar Wochen dürfen die Welpen zu ersten Spaziergängen mit raus in die Wälder, da ist die Mutterhündin natürlich dabei. Und mit ungefähr fünf Monaten lasse ich sie schon mal eine kleine Strecke neben dem Schlitten mitlaufen, vielleicht so zwei bis drei Kilometer. Dabei schauen sich die kleinen Hunde ganz schön viel von den Großen ab, das macht das Anspannen später deutlich einfacher. Ab etwa achtem oder neuntem Monat werden sie allmählich in das große Team integriert. Damit ich sie anfangs auf keinen Fall überfordere, steigere ich die Schlittenarbeit phasenweise, erstmal anderthalb Kilometer, dann drei, dann sechs, dann acht … Ich achte sehr darauf, sie auf keinen Fall zu überfordern. Sie sollen genauso motiviert nach Hause zurücklaufen, wie sie losgelaufen sind. Ab anderthalb Jahren ungefähr laufen sie wie alle anderen im großen Team mit und rund drei Jahre dauert es insgesamt, bis sie komplett ausgebildet sind. Das ist für uns alle eine wunderbare Zeit des Lernens, es macht ungeheure Freude.

Der 7-jährige Husky Sitka ist einer der Leithunde im Rudel von Musher Martin Eigentler. Souverän führt er bis zu 15 weitere Hunde vor dem Schlitten an, Martins Kommandos setzt er blitzschnell um: „Manchmal habe ich fast den Eindruck, er weiß, was ich denke“.

Mit etwas Glück ist wieder so ein toller Leithund dabei, wie ich ihn jetzt mit meinem Rüden Sitka und meiner Hündin Maya habe. In einem Wurf sind eigentlich immer alle Charaktere vertreten und wir sind alle schon sehr gespannt darauf, sie kennenzulernen.

Bilder (4): Bernd Schiffer photography